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Mit einer kleinen Träne im Auge und einer gehörigen Portion Wehmut stand ich bei meiner letzten Reise nach Berlin im November 2019 vor den Überbleibseln dessen, wo ich in meinen „wilden“ Jahren sehr viel Zeit verbracht hatte: Dem „Pinguin Club“ in der Wartburgstrasse. Im Mai diesen Jahres wurde er nach 33 Jahren, in denen er immer an ein- und derselben Stelle existierte, geschlossen. Wahrscheinlich hätte ich von der bevor stehenden Schliessung aus einem Newsletter erfahren (und dann wäre ich auch definitiv zur letzten grossen Feier erschienen), aber ich vermeide Newsletter, wo immer es nur geht und so verpasste ich die Schliessung jener weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Institution, die vor allem Ende der achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre jedem bekannt war, der Berliner (Sub-)Kultur fröhnte. So einige Grössen jener Zeit kehrten hier ein, Namen, an die sich heute kaum noch jemand erinnern kann, oft war der Club bummsvoll! Dabei war der Club an sich keine grosse Besonderheit, die Menschen, die hier so wie ich ein- und ausgingen, sowie vor allem Betreiber und Personal machten diese Winzigkeit von Gastwirtschaftsbetrieb zu jener einzigartigen Besonderheit im Herzen von Schöneberg. Leider habe ich keine Bilder aus jenen Tagen, Digitalkameras gab es (noch) nicht und abgesehen davon kam man damals hierher, um die Seele baumeln zu lassen – und nicht um zu fotografieren. Aber mit Hilfe von der Allmacht Googles finden sich im Netz noch ein paar Bilder aus jenen Tagen, als es dem Pinguin gut ging. Der Gastraum war nicht gross und vielleicht war genau das das Geheimrezept. Hier musste man zusammen rücken und konnte so manchmal all die spannenden und zuweilen auch recht durchgeknallten Zeitgeister jener Ära kennen lernen. Es gab nur wenige Tische und Sitzplätze, hier und da drückte die eine oder andere aus der Form geratene Sprungfeder durch den Bezug in das eigene Gesäss, der Belag an den Wänden hätte einer alt gedienten Raucherlunge alle Ehre gemacht (ja, hier konnte und durfte man noch sehr lange rauchen und nicht selten waren die Kopfschmerzen am Folgetag weniger durch den Konsum von Alkoholika aller Arten begründet, als vielmehr durch die rauchgeschwängerte Luft). Manchmal suchte man in der direkten Umgebung stundenlang nach einem Parkplatz, ich aber konnte immer zu Fuss hierher kommen und musste nie mein Fahrzeug bei der nahe gelegenen Verwahrungsstelle für abgeschleppte Fahrzeuge der Berliner Polizei abholen. Nach 22 Uhr war hier immer etwas los, Tag und Nacht, Jahr für Jahr. Und wenn dann doch mal wenig los war, so konnte man sich vor allem mit dem Betreiber, der von je her den Spitznamen „Chaos“ trug, über die eine oder andere Absonderlichkeit unterhalten. Der Pinguin war mein auswärtiges Heim! Hier gab es keinen Flipper, keine Dart-Scheibe, kein einziges Instrument, welches in jener Zeit an anderen Orten sonst üblich für Stimmung sorgte. Hier gab es nur Sitzgelegenheiten, Tische, eine Bar, das besondere Personal und uns Gäste. Später noch einen Flachbildschirm und eine Eisdiele, aber dazu später mehr. Aber der Pinguin hatte eine recht eigenwillige Besonderheit zu bieten: In einer Ecke befand sich ein Stehtisch, um den herum Bar-Hocker positioniert waren. Der Tisch selbst war in einem Wagen einer ausgedienten Scooter-Bahn verankert, wie man sie einst auf Volksfesten anfinden konnte. Manchmal sass ich in jenem Scooter-Wagen (immer in Begleitung und immer mit einer Flasche Becks Bier), konnte von da unten in den Raum schauen, den Gesprächen über mir lauschen und mich ab und an fragen, ob die „Dame“ auf einem Bar-Hocker an jenem Tisch überhaupt irgendeine Unterwäsche tragen würde. Solche Philosphierereien zu später Stunde rächten sich nicht selten mit der Problematik, wie man sich wohl im inzwischen reichlich angeheiterten Zustand aus der Enge jenes Scooter-Wagens wieder befreien könnte. Ausnahmslos zur an Dramatik grenzenden Reaktion einer definitiv keine Unterwäsche tragenden „Dame“. Eine andere Besonderheit bestand in der Sammlung von Siphon-Flaschen, die im Regal hinter der Bar aufgereiht standen. Chaos hatte mir irgendwann einmal erzählt, wie die zahlreichen Varianten jener Wassersprudler dort hin kamen, aber ich kann mich nicht mehr genau an jenes Gespräch entsinnen. Wiederum sehr gut kann ich mich daran entsinnen, dass ich gerne bei unendlich langen Gesprächen über Gott und die Welt mit wem auch immer gerne die Banderole um den Flaschenhals der Becks-Flaschen säuberlichst abgeknibbelt und anschliessend auf die Fläche des Tisches vor mir gerieben habe. Damals waren jene Banderolen noch aus einer mit Klebstoff beschichteten Metallfolie gefertigt und die klebte sau gut auf den Tisch-Oberflächen! In der Biologie nennt man solche Verhaltensweisen „Übersprungshandlung“ – und wenn es eine Lokalität in Berlin gab, in welcher Übersprungshandlungen am laufenden Band ihren Gang nahmen, dann war es der Pinguin. Aus einigen sind sogar Kinder entstanden. Angeblich. Irgendwann ersetzte Becks die Metallfolie durch Papier. Von jenem Tag an waren die Tische im Pinguin wieder schön sauber schwarz Kunststoff-beschichtet.
Berlin veränderte sich im Laufe der Jahre. Ich hatte die Stadt schon lange verlassen, aber wann immer ich auf einen Besuch wieder zurück kam, so ging ich auch im Pinguin vorbei. Beim letzten Besuch vor ein paar Jahren stellte ich fest, dass sich auch der Pinguin verändert hatte. Chaos hatte einen Teil des Gastraumes zu einer Eisdiele umgewandelt. Inzwischen wohnten hier viele junge Familien, deren Kinder sich insbesondere im Sommer über gutes Eis freuten. Chaos hatte für diese Unternehmung eine besondere Sitzecke im ehemaligen Gastraum geopfert, an welcher ich – soweit ich mich entsinnen kann – so gut wie nie gesessen habe, an welcher sich aber meiner Erinnerung nach immer die grössten und spannendsten „Übersprungshandlungen“ ereignet hatten, von fast jeder Ecke in jenem Gastraum gut einsehbar. Der Pinguin war nicht nur die Idee von Chaos, es war auch seine Einnahmequelle und somit auch letztlich Existenzsicherung. Die Mieten waren in den vergangenen Jahren explodiert und so musste sich auch er anpassen und neue Einnahmequellen suchen. Aber offensichtlich hat das nicht viel genützt, letztlich waren es die absurd hohen Forderungen, die das Ende des Pinguin im Mai 2019 besiegelten. Damals gab es in jener Ecke viele kleine Läden und Bars, langjährige Bewohner und Mieter, das Schöneberg jener Zeit war für meine Begriffswelt eine Insel der Glückseligkeit im grossen Berlin. Heute sieht es hier aus, wie an vielen anderen Orten auch. In den grossen Strassen reiht sich ein „Barber“ und nach altem Fett stinkender Döner an den anderen, in den Seitenstrassen leben fast ausnahmslos nur noch besser verdienende Jungfamilien, die sich noch vor 20 Uhr über Lärm beschweren. In einer Stadt. Dass der Pinguin nicht ewig leben würde, war mir sehr wohl bewusst und dass er es Dank Chaos überhaupt so lange gemacht hat, grenzt an ein Wunder, aber der Niedergang einer solchen Institution ist ein Verlust, ein nicht ersetzbarer Verlust! Ich für meinen Teil habe mir schon damals gewünscht, dass das nahe gelegene „Lenzig“ doch bitte bald Pleite gehen soll, dort verkehrte schon damals das Volk, welches nunmehr diesen Stadtteil „feindlich“ übernommen hat. Aber so ist es nun einmal und so steht heute der Pinguin leer in der Wartburgstrasse. Vielleicht kann sich ein vermögender Physio- oder Familientherapeut hier einnisten, von denen gibt es hier inzwischen auch auffällig viele, ein Stehauf-Männchen wie Chaos aber wird hier wohl nicht etwas beginnen.
Mein Kopf ist voll an Erinnerungen an jene Zeit und diesen Club. Viel ist von meiner Jugend in Berlin Schöneberg nicht mehr übrig geblieben und ich hoffe inständigst, dass wenigstens die anderen Institutionen (wie zum Beispiel das „Malustra“) noch bis zu meinem nächsten Besuch durch halten. Aber so traurig mich der letzte Anblick des Pinguin auch gemacht hat: Ich habe mich nie von Berlin und erst recht nicht von dem Pinguin verabschiedet. Ich hasse Abschiede! Da entstehen Bilder im Kopf, die in der Reihe der schönen, die in all den Jahren zuvor entstanden sind, nichts zu suchen haben. Auch wenn ich es zutiefst bedauere, dass dieser Club nun „dicht“ ist und ich mir so meine Gedanken mache, was wohl vor allem aus Chaos wird, vielleicht war der Anblick des geschlossenen Clubs ganz für mich allein auch gut. Manchmal bedarf es solcher Werdegänge, um vollends mit etwas abschliessen zu können. So oder so: Ich habe ein Relikt vom Pinguin, eine kleine „Auszeichnung“! Chaos liess vor vielen Jahren eine kleine Serie bedruckter T-Shirts herstellen und ich hatte die Ehre (!), ein solches zu erhalten. Wenn ich mich nicht täusche, so ist es das inzwischen älteste T-Shirt in meinem Besitz, welches obendrauf den langen Weg von Berlin über Regensburg und Stuttgart bis nach Zürich und nunmehr Basel geschafft hat. Ich habe für mich beschlossen, dass ich dieses T-Shirt nicht mehr tragen werde. Ich werde dafür einen ganz besonderen Bilderrahmen suchen und es mir an die Wand hängen. So eine Art Dank für die besten Jahre in meinem Berliner Leben. Und wo ich schon beim Danken angekommen bin: Dank vor allem Dir, Chaos! Such Dir aus, für wat auch immer 😉 Aber auch Dank an Gosto, Floyd, Domez, Heike, Bernd, Elisa, Anja, Bob, Andrea, Daniela und all die anderen Pinguine! Pinguin Jens watschelt dann auch mal weiter…
Nachtrag: Noch heute existiert eine Abschiedsseite vom Pinguin.



