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Nein, „Fasnacht“ war nie meins und wird auch nie meins werden, und dennoch stürzte ich mich am frühen Morgen des 27. Februar in das zentrale Geschehen, den „Morgestraich“ in Grossbasels Altstadt, schliesslich wollte ich wissen, warum dieses Ereignis nicht nur für Basel ganz offensichtlich das wohl wichtigste ist, sondern auch für zahlreiche Menschen, die von weit her angereist waren. Und ich wollte wissen, warum sich die in Basel ausgetragene Fasnacht so sehr von anderen Ereignissen vergleichbarer Art unterscheidet, dass sie 2017 sogar in das Register des UNESCO Welterbes aufgenommen wurde. Natürlich fragte ich einige Kollegen meines zukünftigen Arbeitgebers vorab, was es mit bestimmten Elementen dieser Fasnacht auf sich hat, wohin man wann gehen müsse, um etwas besonderes zu sehen oder das Maximum dieses Anlasses auf sich wirken zu lassen und obwohl auch in Zukunft Fasnacht nicht meins sein wird, bereute ich meine Neugier nicht, im Gegenteil. Es war ein vielerlei Hinsicht sehr eindrückliches und schönes Ereignis!
Wann genau „Fasnacht“ im Allgemeinen und in Basel im Speziellen entstand und sich im Laufe vieler Jahre zu dem entwickelte, was es jetzt ist, ist nicht eindeutig belegt, aber es gilt als gesichert, dass bereits im 17. Jahrhundert Gruppen an jenen Tagen durch Basel zogen, noch ohne jene heute gebräuchlichen Laternen in allen Varianten, dafür aber sicherlich mit viel Schiesserei und anderem Lärm. Es gibt keine Kostümierungsregeln (sich aber einfach nur zu jenem Anlass als Zuschauer zu schminken, ist angeblich verpönt und tatsächlich entdeckte ich auch keine entsprechend hergerichteten Besucher). Um Punkt vier Uhr am Morgen des ersten Montages nach Aschermittwoch wird in der gesamten Stadt das Licht gelöscht (natürlich gibt es hier und dort immer wieder Ausnahmen) und dann ziehen die einzelnen „Cliquen“ und die eher kleineren „Schyssdräggziigli“-Gruppen unter Begleitung von tausenden Trommlern und Piccolo-Flötenspielern die „Morgestraich“-Marschmelodie spielend durch die Grossbasler Altstadt. Als Besucher hat man jenen Zügen immer und überall Durchgang zu gewähren, anders als zum Beispiel bei den rheinländischen Karnevalsveranstaltungen im nahe gelegenen Deutschland werden bei der klassischen Fasnacht die Besucher hier nicht aktiv in das Geschehen eingebunden – und genau das schätze ich sehr!
Zugegeben: Ich hatte die Bedeutung dieser Fasnacht masslos unterschätzt! Seit der Corona-Pandemie wurde sie wieder zum ersten Male veranstaltet, entsprechend kamen nicht nur viele Fasnachts-Begeisterte, sondern auch sicherlich mehr Besucher, als in den Jahren vor der Pandemie. Als ich früh am Morgen das Tram in Richtung Innenstadt betrat, war es bereits gut gefüllt, keine drei Stationen später bereits bummsvoll – und das noch vor drei Uhr am Morgen! Gross und Klein, Alt und Jung, Teilnehmer und Zuschauer, ja sogar Gehbehinderte und Rollstühle stürzten sich so wie ich ins Geschehen. Die Basler Verkehrsbetriebe sorgten die gesamte Nacht hindurch dafür, dass man zumindest im Randbereich der Altstadt irgendwie zum Startschuss der Fasnacht gelangen konnte. Ich liess mich von den Massen treiben, hatte ursprünglich die „Rhysprung“-Gasse in der Nähe zum Rhein mit Blick auf die Schifflände anvisiert, aber so weit kam ich nicht mehr, bereits am Marktplatz war die Menschenmenge derart dicht, dass ich es vorzog, mir dort einen guten Standort zu suchen. Ich hatte mich sehr warm eingepackt, es fegte ein recht eisiger Wind durch Basels Gassen, aber das hinderte viele nicht, zum Morgestraich zu erscheinen. Die Vorstellung, dass ich im kommenden Jahr bis kurz vor eben jenem durch diese Menschenmassen ein Tram lenken könnte, liess mich recht nachdenklich werden, im direkten Vergleich erschienen mir die Vorweihnachtszeit in der Bahnhofstrasse, das „Zürifäscht“, die „Street Parade“ oder das „Knabenschiessen“ in Zürich als – übertrieben ausgedrückt – geradezu menschenleer.
Irgendwann wurde mir kalt, ich wollte heim, den sehr früh unterbrochenen Schlaf nachholen. Es sollte eine ganze Weile dauern, bis ich wieder ein Tram zu Gesicht bekommen sollte, die Menschenmassen wälzten sich unkoordiniert durch die Altstadt, jeder wollte gleichzeitig irgendwo hin und doch wieder irgendwo anders hin zurück. Recht durchgefroren kam ich wieder heim, legte mich hin und fiel in einen tiefen Schlaf, die vergangenen Wochen des Umzuges von Zürich nach Basel, das neu erlernen eines altbekannten Berufes unter vollkommen anderen Voraussetzungen forderten ihren Tribut. Ich kann mich nicht daran entsinnen, wann ich zum letzten Mal so viel geschlafen hatte, wie in den vergangenen Tagen. Dennoch hatte ich mir vorgenommen, es nicht nur beim Morgestraich zu belassen. Erneut zog es mich in die Innenstadt, dieses Mal bei Tageslicht.
Mittlerweile hatte sich das Gesicht Basels grundlegend verändert, überall lag tonnenweise Konfetti – Verzeihung, „Räppler“ – und anderes Zeug auf dem Boden. In den Stunden, in welchen ich tief an der eigenen Matratze lauschte, ging es in Basel offensichtlich hoch her. Überall zogen unterschiedlich grosse Gruppen durch die Gassen, immer noch trommelnd und energisch die Piccolo-Flöten bearbeitend. Diese riesige Kakophonie schwallte von allen erdenklichen Richtungen her an meine Ohren und selbst jetzt, wo ich diese Zeilen fern vom Stadtkern schreibe, kann man noch die Trommeln aus der Innenstadt vernehmen. Ja, es ist ein eindrückliches Erlebnis, so ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe, weit entfernt von dem, was in Deutschland weiter oben am Rhein unter Fasnacht verstanden wird. Vielleicht war es der beste Weg, einen besseren Bezug zur neuen Heimat zu gewinnen, die Basler Seele ein klein wenig besser zu verstehen. So oder so aber ist mir aufgefallen, dass ein Grossanlass wie die Basler Fasnacht deutlich angenehmer verläuft, als so manch ein vergleichbarer in meiner vorherigen Heimat, alles erscheint ein klein wenig offener, ungezwungener, unverkrampfter, nicht so traditionalistisch. Während ich da so durch die Gassen Basels schlenderte und mein Finger diverse Male den Auslöser der Kamera betätigte, beschlich mich so manches Mal der Gedanke, dass der Kopf des „Böög“ in Zürich wahrscheinlich nur deshalb überhaupt explodieren kann, weil die Basler zuvor schon alles erdenkliche unternommen haben, um den Winter zu vertreiben. Aber eben, das bin ich mit meinen zuweilen recht verqueren Gedanken. Sowohl das „Sächsilüüte“ in Zürich, als auch die Basler Fasnacht nehmen für sich in Anspruch, das Ende des Winters einzu… ja was nun? Zu trommeln? Zu pfeiffen? Zu explodieren? Egal, der Basler Weg erscheint mir als der weitaus unterhaltsamere und angenehmere. Und ja, man muss die Basler Fasnacht gesehen haben – auch wenn man mit alledem wenig bis nichts anfangen kann, sonst hat man einfach die Seele Basels nicht verstanden und wird sie wohl auch nicht verstehen. Und das wäre schade, würde ich meinen.
