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Durch blanken Zufall fand ich beim Stöbern auf einer Landkarte den Eintrag „Cimetière Israélite Hégenheim“ („Israelitischer Friedhof Hegenheim“) und erst nach einiger Zeit der Recherche wurde mir bewusst, welche Bedeutung (nicht nur) dieser jüdische Friedhof auf französischem Boden in unmittelbarer Nähe zur Schweizer Grenze bis zum heutigen Tage hat. Bis zur Eröffnung des ersten israelitischen Friedhofes auf Boden der Stadt Basel im Jahre 1903 war es Juden in der Stadt nahezu unmöglich gemacht worden, ihre verstorbenen Angehörigen zu beerdigen, auch wenn diese ehemals Bürger von Basel (und somit der Schweiz…) waren. Aus diesem Grunde findet man in der Region Basel die meisten israelitischen Friedhöfe in Frankreich und – soweit diese nicht vollends zerstört wurden – in Deutschland, nicht selten in unmittelbarer Nähe zu den jeweiligen Landesgrenzen und recht oft auch ausserhalb von Ortschaften, so wie in Hégenheim, welches auf Elsässisch auch „Hagana“ genannt wird – und nein, dieses Wort „Hagana“ hat keine jüdisch-israelischen Wurzeln und hat auch nichts mit dem Israelischen Geheimdienst „Haganah“ zu tun, welcher kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges gegründet wurde. Wenn wir aber schon bei „Sprache“ und „lokale Dialekte“ sind: Erstaunlicher Weise sind die Wegweiser hier auf dem Boden Frankreichs in Richtung Schweiz deutschsprachig. Nicht französisch. Da steht „Basel“ und nicht „Bâle“…
Antisemitismus war – und ist nachwievor – weit verbreitet, auch in der Schweiz. Zahlreiche Kantone schafften ihre zum Teil extrem restriktiven Bestimmungen erst zum Ende des neunzehnten oder zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ab. Erst nach und nach konnten sich jüdisches Leben und Kultur wieder in der Schweiz ansiedeln. Ein Paradebeispiel für jenen zutiefst fragwürdigen Umgang mit Menschen jüdischen Glaubens vor dem zwanzigsten Jahrhundert ist jener Friedhof in Hégenheim. Für lange Zeit war er nicht nur der wichtigste und grösste Friedhof für Juden in Nord-Ost-Frankreich (Alsace, Elsass), sondern auch für Juden aus der Schweiz. 1673 verkaufte der Grundherr der Ortschaft Hégenheim Hannibal von Bärenfels für 67 Pfund und 10 Schillinge der ortsansässigen jüdischen Gemeinde, deren Angehörige vormals hauptsächlich in Allschwil und Birseck (beide in der Schweiz) ansässig waren, ein Areal am Ortsrand, der älteste noch auf diesem Areal vorhandene Grabstein stammt aus dem Gründungsjahr 1673. Bereits 1692 erfolgte die erste Vergrösserung, neun weitere bis zum Jahr 1899. Die heutige Grösse von knapp zwei Hektar mit 8000 Gräbern, sowie noch ungefähr 2800 erhaltenen Grabsteinen zeigt, wie wichtig dieser Friedhof war und nachwievor ist, im Gegensatz zu vielen anderen kleineren Friedhöfen wird der in Hégenheim noch genutzt. Die meisten der hier bestatteten Angehörigen von jüdischen Familien aus der Schweiz stammten aus Bern, Avenches und Biel, aber einige auch aus Porrentruy, Saint Immier, Le Locle, Seleure, Delémont, Neuchâtel, Yverdon-les-Bains, La Chaux-de-Fonds, Langenthal, Sissach und Gelterkinden. Wer hier zu Zeiten der Herren von Bärenfels einen Angehörigen bestatten wollte, musste Steuern entrichten: Einen Gulden für einen Erwachsenen, einen halben für einen Jugendlichen, sowie einen viertel Gulden für ein Kind, dennoch scheinen die Beziehungen zwischen jüdischer Gemeinde und derer von Bärenfels grundlegend gut gewesen zu sein.
Bei der Recherche zu jenem Friedhof stolperte ich über einen kurzen Eintrag irgendwo auf einer Webseite. Sinngemäss beschrieb jener Eintrag die Existenz von „Beamten“ innerhalb der jüdischen Gemeinde (also Angehörigen der jüdischen Gemeinde, nicht Verwaltungsbeamte der Nachfahren von Bärenfels oder der Gemeinde Hégenheim!), welche die Bestattungen auf jenem Friedhof regelten. Grundsätzlich hat es wohl bis zum Ende des 19. Jahrhunderts für Juden Recht auf Bestattung auf jenem Friedhof gegeben, allerdings wurden zuweilen wohl auch Strafgebühren gefordert, um dieses Recht in Anspruch nehmen zu können. So wurden beispielsweise die Söhne eines Verstorbenen aus dem benachbarten Buschwiller (Frankreich) zu einer Strafe von 250 Pfund verdonnert, weil der Tote Anzeichen von mangelnder Fürsorge aufwies. Sehr wahrscheinlich war diese jüdische Familie wie so viele andere schlichtweg arm, dennoch entrichteten die Söhne jene Strafgebühr, um ihren Vater beerdigen zu können. Oftmals war der Transport von Verstorbenen aus der Schweiz nach Hégenheim für Juden nicht einfach, mit hohen Kosten verbunden und durch zum Teil absurd anmutende Restriktionen erheblich erschwert. Während Bern 1870, La Chaux-de-Fonds 1871 und Biel 1893 dieser Problematik begegneten, indem die Neu-Anlegung von jüdischen Friedhöfen auf Gemeindegebieten innerhalb der Schweiz gestattet wurde, erstattete Basel, wie bereits anfänglich erwähnt, dieses Recht erst 1903. Seit der Eröffnung des ersten israelitischen Friedhofes auf Grund und Boden der Stadt Basel ging die Anzahl der Bestattungen in Hégenheim allmählich zurück. Heute finden hier nur noch wenige Beerdigungen statt, die meisten Verstorbenen werden auf dem Friedhof von Saint-Louis (Frankreich) begraben, wo ein Teil des Friedhofgeländes der jüdischen Gemeinde vorbehalten bleibt. Nach und nach wird wohl auch der Friedhof von Hégenheim wie so viele andere trotz ehrenamtlicher Pflege sich selbst überlassen und irgendwann geschlossen werden, so wie bereits die beiden der nicht weit entfernt gelegenen Gemeinde Hagenthal (Frankreich, wie Hégenheim unmittelbar an die Schweiz grenzend).
Wie auf so vielen anderen Friedhöfen erinnert auch hier ein Denkmal an die Schreckensherrschaft der Nazis nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Frankreich. Zwischen August 1942 und April 1944 wurden aus dieser Region 7880 Juden über Drancy bei Paris (wo ein Denkmal an die Shoah erinnert) nach Auschwitz deportiert, von denen gesamthaft 4827 direkt nach der Ankunft im Lager vergast wurden, lediglich 425 Menschen überlebten bis zum Kriegsende. Erstaunlicher Weise ist in jener Zeit dem Friedhof von Hégenheim nicht das gleiche Schicksal widerfahren, wie zahlreichen anderen in der Region. Der Ideologie des Dritten Reiches folgend sollte auch dieser Friedhof dem Erdboden gleich gemacht, jede Erinnerung an jüdisches Leben und Kultur für immer ausgelöscht werden: Man plante, den Friedhof einzuebnen und aus ihm einen Fussballplatz zu machen, letztlich aber befand man den Untergrund als „zu uneben“. Nur diesem Umstand ist es zu verdanken, dass dieser Friedhof den Zweiten Weltkrieg überdauert hat, allerdings wurden bei Abrissen und Rekonstruktionen alter Bauten in der Umgebung sowohl auf Schweizer, wie auch Französischem Boden Grabsteine von diesem Friedhof gefunden, die als Baumaterial dienten.
Ein wenig anders gestaltet sich die Geschichte der Synagoge von Hégenheim. 1740 für die stetig wachsende jüdische Gemeinde erbaut wurde sie 1815 bei einem Pogrom (seinerzeit in dieser Region „Judenrumpel“ genannt) geplündert und anschliessend in Brand gesteckt, bereits 1821 folgte ein Neubau, absichtlich zurückhaltend und eher unauffällig gestaltet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schwand die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde, zahlreiche Einwohner Hégenheims und der umliegenden Ortschaften wanderten in nahe gelegene grössere Ortschaften wie zum Beispiel Basel ab. Unter Napoleon hatten viele Juden das französische Bürgerrecht erworben, womit sie offiziell als Franzosen (und eben nicht allein als Juden…) in die Schweiz einreisen konnten und 1805 die erste israelitische Gemeinde in Basel gründeten. Die Synagoge in Hégenheim verlor zunehmend an Bedeutung, nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde sie nicht mehr für religiöse Zwecke verwendet. Zwischen den beiden Weltkriegen wurde die Synagoge „profanisiert“, zu einem normalen Gebäude ohne spezifisch religiöse Funktion umgewandelt, im zweiten Weltkrieg wurden hier über einen kurzen Zeitraum hinweg Kriegsgefangene aus Russland untergebracht. Nach dem Weltkrieg wurde hier eine Werkstatt eingerichtet, bis das vom Zerfall bedrohte Gebäude 2019 an eine Künstlerin verkauft wurde, welche hier ein Kulturzentrum einrichten möchte. Viel ist davon bisher nicht zu sehen, von Aussen wirkt das Synagogen-Gebäude immer noch recht beschädigt und vernachlässigt, aber laut einiger Berichte ist zumindest im Innenbereich einiges gemacht worden.
